Weg vom Donut-Effekt

Lebendige Ortskerne in ländlichen Räumen

Verödete Ortskerne und Leerstand in Kleinstädten sind nach wie vor ein drängendes Thema. Ziel des Fachgesprächs war zu diskutieren, ob wir mehr Leben in den Ort bringen können in dem wir kreative Standortpotentiale, Innovationspotentiale identifizieren und digitale Vernetzung nutzen? Hierzu hatten wir Impulsgeberinnen eingeladen, um mit ihnen die Handlungsmöglichkeiten der Politik zu diskutieren und uns anzuschauen, welche Initiativen sich diesem Problem vor Ort widmen.

Partizipation: Einbindung der Menschen vor Ort

In der Diskussion nach der Keynote von Frau Prof. Schröteler-von Brandt (Uni Siegen) wurde betont, dass nur die Einbindung der Bürgerschaft eine Veränderung bewirkt. Wie Leerstand aktiviert wird muss lokal entschieden werden, da die Bedarfe und Problemlagen in den einzelnen Kommunen zu unterschiedlich sind. Wichtig ist, eine langfristige Motivation der Akteure sicher zu stellen und das Wissen über vorhandene Förderprogramme zu verbreiten.

Laut Frau Hesse von den Kreativen MV hat sich die Clusterbildung von Aktiven bewährt, so werden Menschen zusammengebracht, die sich untereinander ergänzen. Hierfür braucht es Andockstationen, wie etwa die Raumpioniere in der Lausitz. Die Bedürfnisse junger Menschen auf dem Land müssen im Blick behalten und Gründer besonders unterstützen werden. Das Ehrenamt darf nicht weiter belastet und überfordert werden. Dies kann über eine langfristige Förderung und leichtere Folgeförderungen erreicht werden.

Möglichkeiten der neuen Arbeit und Digitalisierung nutzen

Frau Puskeppeleit von Andreas Hermes Akademie forderte das alte Paradigma „Wohnen folgt der Arbeit“ aufzubrechen und in die dezentrale Zukunft zu gehen und dort zu arbeiten, wo man leben möchte. Hier liegt ein großes Potential Möglichkeiten zu schaffen und das Potential sozialer Innovationen mitzudenken. Die projektbasierte Arbeit entspricht dem Zeitgeist und Vorstellungen der jüngeren Generation. Coworking auf dem Land sei zwar kein Allheilmittel, aber es kann ein für die Bildung der oben genannten Cluster und die Attraktivitätssteigerung einer Region hilfreich sein. Coworking Spaces sind eine Möglichkeit den ländlichen Raum wieder attraktiver zu machen, zu halten und Menschen zur Arbeit dorthin zu bewegen.

Regionalentwicklung neu denken

Hier wurde die Südwestfalen Agentur als positives Beispiel genannt, aber auch im Saarland das Konzept für einen Fond für Regionalentwicklung. Es braucht mehr kommunenübergreifende Planung, die  sich an die Flurbereinigungaus der Landwirtschaft anlehnt, sodass alte Ortskerne überplant werden können. Wir müssen mehr Struktur in die Regionalentwicklung bringen. Hierfür gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die für eine zeitgemäße Regionalentwicklung genutzt werden müssen. Denn Kommunikations- und Partizipationsfähigkeiten, sind enorm wichtig, um möglichst viele Bürger*innen mitzunehmen bei einer Leerstandpolitik, die auch als Strukturpolitik betrachtet werden sollte.

Innovation als Chance für den ländlichen Raum

Frau Glatte vom Center for Responsible Research and Innovation (CERRI) unterstrich das Thema Innovation als Chance für den ländlichen Raum. Technische Innovationen wie Digitalisierung, Online-Plattformen und 3-D-Druck lohnen sich anzuschauen, wenn man die Entwicklung des ländlichen Raums in den Blick nimmt. Diese müssen von den Bedarfen ländlicher Regionen aus gedacht werden, wenn diese vor Ort Wirkung entfalten sollen. Auch müsse sich der Blick auf den ländlichen Raum als Innovationsraum ändern, wenn die Attraktivität gesteigert werden soll. Dabei gibt es nicht die eine Lösung, sondern es muss um eine strategische Zukunftsgestaltung vor Ort gehen. Hierfür hat das CERRI einen ko-kreativen Prozess in drei Phasen entwickelt, der dazu dient Zukunftsstrategien für ländliche Regionen gemeinschaftlich zu erarbeiten. Dabei sind sechs Handlungsfelder entscheidend: Wurzeln und Identität wertschätzen, Vielfältige Gemeinschaft fördern, Wert regional schöpfen, Strahlkraft entwickeln, Vernetzung vorantreiben, Innovationsfähigkeit steigern.

Online-Handel und interkommunale Nahversorgungskonzepte

Herr Reink gab einen Einblick in die Entwicklung des online-Handels, der eine Marktdurchdringung von 10 Prozent hat. Innenstadtrelevante Branchen liegen darüber, wie  etwa die Bekleidungsbranche. Herr Reink machte klar, dass Online-Handel nur bedingt helfen kann den stationären Handel zu erhalten. Es braucht interkommunal abgestimmte Nahversorgungskonzepte und Ankerpunkte im ländlichen Raum, etwa über Wettbewerbe für Kommunen um sich auf neue Standorte für Verwaltungen bewerben zu können. Die interkommunalen Versorgungsknoten müssen in bestehenden Siedlungen liegen und der Abstand von 10 Minuten Autofahrt von anderen kleineren Einheiten entfernt sein, um eine gute Bürgernahe Versorgung sicherzustellen.

Unser Fazit ist, dass wir um diesen Zielen ein Stück näher zu kommen die Städtebauförderung neu aufgestellt und eine neue Gemeinschaftsaufgabe regionale Daseinsvorsorge eingeführt werden muss.


Video des Fachgesprächs:
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