Rechtslage: Verpflichtender Lärmschutz für bestehende Verkehrswege?

Die meisten Straßen und Schienenwege in Deutschland wurden vor 1990 gebaut. Damals gab es die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV vom 12. Juni 1990) noch nicht. Entsprechend  war der Bau von Verkehrswegen auch nicht zwingend mit Lärmschutzmaßnahmen verbunden. Die Folge ist eine Vielzahl ungeschützter Straßen und Schienenwege. Deren Anwohnerinnen und Anwohner haben keinen Rechtsanspruch auf nachträgliche Lärmschutzmaßnahmen (sog. Lärmsanierung).

Ich habe den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags um eine Ausarbeitung zu der Frage gebeten, ob der Erlass der Verkehrslärmschutzverordnung zu einer Nachbesserung der Genehmigungen von Verkehrswegen (Planfeststellungsbeschlüsse) führen kann. Wenn die Lärmbelastung (weit) oberhalb der Zumutbarkeitsschwelle liegt, könnte dies Auflagen zu Lärmschutzmaßnahmen (sog. Lärmvorsorge) nach sich ziehen. Einen Präzedenzfall dafür gibt es. So hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 04.07.2018 entschieden, dass Änderungen von Planfeststellungsbeschlüssen durchaus möglich sind, wenn sich Gesetze nachträglich ändern und der Planfeststellungsbeschluss angesichts der aktuellen Gesetzeslage so nicht hätte ergehen dürfen.

Die Ausarbeitung bestätigt, dass Planfeststellungsbeschlüsse nicht für alle Zeiten unantastbar sind - die Hürden liegen aber sehr hoch. Auf den konkreten Fall der Verkehrslärmschutzverordnung von 1990 haben die Verfasser nicht Bezug genommen, obwohl diese Ausgangspunkt unserer Fragestellung war.

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