Die A49, der Bundesverkehrswegeplan und Verkehrspolitik, ein Gespräch mit Hessencast

Das ausführliche Gespräch mit Hessencast hier anhören.

Aus dem Gespräch, das anlässlich meiner Anwesenheit als parlamentarische Beobachterin der Proteste im Dannenröder Forst und  geführt wurde:

Der Bundesverkehrswegeplan steht mittlerweile als letztes großes Anti-Öko-Monster im Raum. Dass wir auf Bundesebene einen milliardenschweren Plan haben, der Anmeldungen von vor 20, 30 oder 40 Jahren enthält und nach dem gigantische Rennpisten noch quer durch Deutschland geführt werden sollen, ist anlässlich der Proteste gegen die A49 erst richtig thematisiert worden. Darüber bin ich froh. Außer ein paar Feinschmeckern aus der Verkehrspolitik hat sich bisher kaum jemand zum Bundesverkehrswegeplan geäußert oder fand das Bundesfernstraßenausbaugesetz irgendwie einen Aufreger.

Die Langfristigkeit von solchen Projekten und dass das, was vor 40 Jahren für richtig gehalten wurde, heute erst in seiner letzten Ausbaustufe umgesetzt wird, führt zu dem erbittertem Protest junger Menschen. Sie sagen "habt ihr sie eigentlich noch alle, wenn ihr uns hier mit Beton zupflastert und Eichen und Buchen umhaut, die 300 Jahre alt sind, während man andernorts liebevoll kleine Bäumchen hochzieht, um den Klimawandel abzuwenden". Dass das Irrsinn ist, das haben sie erkannt und das thematisieren sie ganz unumwunden und fordern etwas von uns.

Wir in der Bundestagsfraktion haben einen Antrag gestellt. Wir fordern ein Moratorium für diese und andere Bundesfernstraßen. Wir wollen eine Pause einlegen um zu sehen, was von dem, was wir da drin stehen haben, eigentlich überhaupt noch klimakompatibel ist. - Der Antrag wurde abgelehnt. Nach der Bundestagswahl wollen wir, wenn wir die Gelegenheit dazu bekommen, den Bundesverkehrswegeplan gegen den Strich bürsten und es muss aufhören, dass solche Projekte einfach weitergetrieben werden.

Es sind immer noch zu große, auch gesellschaftliche, Beharrungskräfte da. Bei den vorangegangenen Koalitionsverhandlungen in Hessen hatte ich den Eindruck, dass das Antasten bestimmter Straßenbaumaßnahmen, darunter ganz prominent natürlich die A49, für die CDU ein No-Go ist. Aktuell haben wir alle Handlungsmöglichkeiten diskutiert. Die letzte mögliche Stufe wäre der Koalitionsbruch. Was ist die Konsequenz des Koalitionsbruchs oder was wäre sie gewesen, wenn der Koalitionsvertrag gar nicht erst abgeschlossen worden wäre? Die Konsequenz ist, dass die Straße dennoch gebaut wird. Aber alles andere, was wir erkämpfen konnten und können, auch und gerade in der Mobilitätspolitik, das geht dann auch den Bach runter.

Wir müssen schauen, wie wir die Mobilitätspolitik insgesamt in den verschiedenen politischen Handlungsfeldern sehr viel besser verzahnen können. Es gibt viele Paragrafen, die den Pkw dauerhaft bevorzugen. Viele Gesetze werden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene wirksam, die von Anfang bis Ende für ein autogerechtes Land und autogerechte Städte durchchoreografiert sind. Man kann alle Gesetze durchforsten und wird sehen, dass der Prozess weit mühseliger ist, als mal eine Straße weg zu verhandeln.

Wir wollen und müssen in eine Situation kommen, in der zumindest alle Verkehrsträger gleichberechtigt sind und in der anderen Verkehrsträgern als dem private Pkw in den Vordergrund geholfen wird. Ziel ist, dass sie weit attraktiv werden, solange bis es praktisch kein Thema mehr ist, dass man glaubt, alles mit dem Auto machen zu müssen.

Hintergrund

Mittlerweile ist der Bau planungsrechtlich durchgenehmigt, der Rechtsweg erschöpft, Verträge und Verbindlichkeiten sind eingegangen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ist der Auftraggeber, nur er kann jetzt noch die Reißleine ziehen. Das Land Hessen ist in Auftragsverwaltung für den Bund verpflichtet und führt die baulichen Maßnahmen durch.

In den vergangenen Jahren und zuletzt im Sommer 2020 haben die höchsten Gerichte darüber entschieden, dass die Planungen für die A 49 rechtmäßig sind. An diese Sach- und Rechtsanlage ist das Land Hessen gebunden.

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