Lärmschutz an Bestandsstraßen muss vorankommen

Der Straßenverkehr ist seit langem die dominierende Lärmquelle in Deutschland. Hohe Schallpegel und chronischer Lärmstress beeinträchtigen das Wohlbefinden und sie gefährden die Gesundheit. Die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation zu Umgebungslärm von 2018 belegen, dass die
menschliche Gesundheit unter Lärm stärker leidet, als bis dahin angenommen. Die Schwellen, ab denen in Deutschland Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden, liegen angesichts dessen deutlich zu hoch.

Mit mehrjähriger Verspätung hat die Bundesregierung im Jahr 2019 ein neues Berechnungsverfahren für Straßenverkehrslärm (RLS-19) vorgelegt. Durch die aktualisierten Lärmdaten, die die bestehende Fahrzeugflotte abbilden sollen, ergeben sich einige Verbesserungen für die Lärmbetroffenen. Eine Änderung der Verkehrslärmschutzverordnung hat das neue Berechnungsverfahren jetzt formal in Kraft gesetzt.

Die Verordnung gilt uneingeschränkt allerdings nur für neue und wesentlich geänderte Straßen. Wenn es um die Anordnung straßenverkehrsrechtlicher Lärmschutzmaßnahmen an Bestandsstraßen geht, wird der Lärm dagegen weiterhin auf Basis der längst veralteten RLS-90 berechnet. Dabei handelt es sich um alle Maßnahmen, die in den Verkehr eingreifen, um den Lärm zu mindern, wie z. B. Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Die Richtwerte, die überschritten werden müssen, damit es zu solchen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen kommen kann, liegen zudem weit oberhalb derjenigen, die bauliche Lärmschutzmaßnahmen auslösen. Das Verkehrsministerium will lediglich prüfen, ob die Richtwerte abgesenkt werden sollen und hat dafür eine langwierige Untersuchung beauftragt. Geprüft und untersucht werden diese Punkte nun schon seit dem Jahr 2014, wie aus einem Schreiben aus Baden-Württemberg hervorgeht.

Es ist erstens nicht einzusehen, warum die aktuellen Lärmdaten nicht schnellstmöglich auch für verkehrsrechtliche Anordnungen wirksam werden sollen. Die Fahrzeugflotte ist die gleiche, unabhängig davon, ob sie auf neuen oder auf bestehenden Straßen unterwegs ist. Zweitens erschließt sich nicht, warum sich die Auslöseschwelle für verkehrliche Maßnahmen von derjenigen für baulichen Maßnahmen unterscheiden soll. Gerade Geschwindigkeitsbegrenzungen gehören zu den preiswertesten und am schnellsten umsetzbaren Lärmschutzmaßnahmen. Drittens kann es nicht angehen, dass besserer Lärmschutz immer wieder am Ende der Prioritätenliste landet.

Die Schlechterstellung der Menschen, die an Bestandsstraßen leben und arbeiten muss deutlich schneller und effizienter abgebaut werden, als unter der gegenwärtigen Bundesregierung. Insbesondere auch die Anordnung verkehrlicher Lärmschutzmaßnahmen wird durch zahlreiche Regelungen unverhältnismäßig erschwert.

Ich habe zu dem Thema eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt.

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